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Opel Blitz => Berichte und Bilder => Unterwegs mit dem Blitz => Thema gestartet von: soviet_1917 am 10. September 2025, 20:46:40

Titel: Wunderschöner Norwegen-Roadtrip mit großem Abenteuer-Faktor
Beitrag von: soviet_1917 am 10. September 2025, 20:46:40
Als es Ende Juli irgendwann 30 Grad in Norwegen waren, fassten Elisa, Fabi und ich kurzfristig den Entschluss, nach Norwegen zu reisen. Unsere ersten optimistischen Reiseplanungen gingen insgesamt von einem günstigen Urlaub aus, wollten wir doch schließlich das Jedermannsrecht genießen, also wild Campen wo es ging. Fabi würde im Zelt schlafen, Elisa und ich im Auto. Wir würden viele Konserven mitnehmen und nur das nötigste kaufen. Die reinen Reisekosten ohne Verpflegung würden nach unserer Kalkulation (insgesamt 3200 km Fahrt, Fähre von Hirtshals nach Kristiansand und von Bergen zurück) bei etwas mehr als 1800 Euro liegen.

Klar war, dass Iskra noch etwas Zuneigung brauchen würde. Der TÜV war frisch abgelaufen, meine Nummernschilder wurden mir gestohlen, der Fahrzeugschein in Frankreich mitsamt Portemonnaie verloren, also alles neu in wenigen Wochen. Ich hatte mir von einer Schlachtfeuerwehr in Hameln eine neue Vorderachse besorgt, die die alte ersetzen sollte (ich hatte beim stümpferhaften ersten Versuch, die Achsschenkelbolzen neu zu machen, die Achse wohl zerstört). Außerdem ging das Bremslicht nicht und ich brauchte neue Reifen hinten. Wie sich rausstellen sollte war das WIRKLICH dringend nötig:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_2025-08-05_13-06-12.jpg)

"Neue" Reifen gabs im Harz, ein schöner Tagesausflug.

Der Einbau der neuen Vorderachse brauchte einen Tag, weil, verdammt, ist das Teil schwer! Die neue Achse war zwar an den Achsschenkeln besser aufgestellt, aber die Radbremszylinder waren beide schrott (und wie sich später rausstellen sollte, nicht nur die...) Für das blöde Bremslicht brauchte ich fast zwei Tage, war wohl ein Kabelbruch irgendwo in der Mitte. Beim Rädertausch hinten (die 17.5er sollten drauf) und dem nötigen Ersetzen der alten Radbolzen durch die neuen längeren, habe ich in der Konfusion rechtsdrehender Muttern mindestens einen Radbolzen vergnaddelt, ein freundlicher Mechaniker lieh mir aber sein Schneideisen, mit dem ich das Problem beheben konnte. Bei dieser Reparatur bemerkte ich, dass der Radbremszylinder hinten links suppte. Superkurzfristig bekam ich noch Ersatz von Altopelhilfe Haslop in der Nähe, die neuen Teile waren schnell eingebaut und die Bremse so gut wie nie. Ich bin extrem froh das noch (wenige Tage!) vor der Abreise bemerkt zu haben, eine kaputte Bremse in Norwegen wäre ein echtes Problem gewesen...

Eine weitere Baustelle war das Kardanwellenmittellager, das heftig ausgeschlagen war und vor sich hin ruppte. Ich hatte mir bei Jan Spierings noch eins bestellt, der Versand brauchte aber geschlagene zwei Wochen, und da wir die Fähre schon gebucht hatten, musste kurzfristig Ersatz her. Zum Glück gibt es dieses Forum und Posse1990, der noch eins in Bassum übrig hatte. Also zwei Tage vor der Abfahrt auch das noch eingebaut.

Eigentlich wollte ich den Gas-Kühlschrank auch noch machen, der kühlte nicht mehr, das ging dann aber zeitlich doch nicht mehr ganz. Beim Kühltest ist das Auto fast in Flammen aufgegangen, weil der Brenner nicht richtig an die Leitung angeschraubt war. Gut, dass ich einen Feuerlöscher im Auto habe...

Nach drei Wochen fast durchgängig schmutziger Hände freute ich mich, dass wir endlich los kamen. Mittags los, auf dem Weg noch beim Gaskühlschrankfachmann in Oyten vorbei (Diagnose: Brennerdüse aufgerostet, kein Ersatz auf Lager), abends irgendwann an einem Maisfeld in Schleswig-Holstein genächtigt.

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_4_2025-09-10_13-02-33.jpg)

Am nächsten Tag sind wir kurz bei Matz in Flensburg vorbeigefahren, und haben uns noch mit DOT 3 Bremsflüssigkeit, einem Bremsschlauch und Gummimanschetten für den Geberzylinder (den hatte ich vor zwei Jahren noch professionell mit einem Gummiband geflickt) eingedeckt. Vor der Grenze noch schnell alles an Benzin mitgenommen was in Auto und Kanister passte, weil das in Dänemark schon etwas unbezahlbar ist, und zack waren wir in Skandinavien. Endlich vernünftige Richtgeschwindigkeiten, Straßen in gutem Zustand, und RUHE! Urlaubsfeeling pur. Abends haben wir einen wunderschönen ruhigen Ort am Meer gefunden, wo das mit Abstand lauteste die Vögel waren:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_1_2025-09-10_13-57-10.jpg)

Am nächsten Tag, auf dem Weg nach Skagen, bemerkten wir ein merkwürdiges klappern von der Vorderachse. Also anhalten und drunter legen. Einige der Schrauben, mit denen die Vorderachse an den Blattfedern befestigt sind, waren nicht so ganz fest, also mit Drehmomentschlüssel nochmal nachgezogen. Auch gut, das nochmal gemerkt zu haben. Aber so richtig weg war das Geräusch immer noch nicht. "Weiter beobachten" sagten wir uns. Wir schauten uns den schönen Strand bei Skagen an, wo Nord- und Ostsee sich küssen, sahen eine sich sonnende kleine Robbe und freuten uns über den Wind, die Wellen und darüber, dass es am nächsten Tag mit der Fähre nach Norwegen gehen sollte!

Die Fährfahrt war unspektakulär, aber schön. Elisa war aufgeregt, weil die Zollkontrollen wohl sehr hart sein sollten. Beim Schwedenurlaub letztes Jahr hatten wir ganz unbedarft ein bisschen Gras dabei, das uns fast zum Verhängnis geworden wäre. Dieses Mal waren wir schlauer und hatten nichts mitgenommen, was den Zoll stören könnte. Und natürlich wurden wir rausgewunken. Die Zollbeamten waren mittelmäßig freundlich, aber sehr misstrauisch. Obwohl wir erklärten, dass wir die norwegischen Gesetze kennen und nichts mitgebracht haben, wurde ein Drogenspürhund durchs Auto geschickt, wir wurden separiert, ich wurde drei Mal gefragt ob ich wirklich kein Marihuana mitgebracht habe, das Auto wurde sogar auf eine Hebebühne gefahren, aber nach fast einer Stunde wurde uns endlich eine gute Fahrt gewünscht.

Endlich Freiheit! Zumindest für die ersten paar Kilometer... Die ersten "Berge" (in Wirklichkeit sind es nur Hügel) in Kristiansand machten schon großen Eindruck auf uns. Ich merkte aber bald, dass das klappernde Geräusch, das wir in Dänemark gehört hatten, lauter geworden war. Bei jedem Lenken gab es ein knirschendes klacken, das man auch im Lenkrad spürte. Mein Instinkt sagte mir, dass wir so nicht weiterfahren können. Wir hielten an einer Autobahnraststätte und holten den Wagenheber raus. Das Rad fühlte sich gar nicht gut an und ließ sich sehr leicht nach oben und unten kippen. Reifen ab, Deckel ab, Bremstrommel ab. Ein bisschen sauber gemacht, und dann dieser Anblick:

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Das Radlager ist durch! Weiterfahren? Auf keinen Fall. Also ACE anrufen, die den Wikingerabschleppdienst verständigten. Wir freundeten uns mit ein paar weiteren deutschen Roadtrippern an, die ebenfalls wegen (geringerer) technischer Probleme liegengeblieben waren, und machten uns drei Stunden Gedanken, wie wir jetzt diese Reise fortsetzen sollten, bis endlich der Abschlepper kam. Der machte große Augen als er das Auto sah, kratzte sich am Kopf und sagte, was wir schon wussten: Das Ersatzteil wird schwierig. Er rief ein paar Werkstätten in der Umgebung an, alle kurz vor oder schon im Feierabend. Irgendwann rief einer zurück, und unser Abschleppfreund sagte: "Maybe it's your lucky day!". Ein Freund von dem Werkstattmeister hat zwei Blitze in seiner Scheune, und kann uns vielleicht aushelfen.

Also rauf auf die Maschine und hin zur Werkstatt, eine absolut abenteuerliche Fahrt, zum Glück durften wir im Auto bleiben:



Der Werkstattleiter, Ole Petter, ein passionierter Motorsportler, der in seiner raren Freizeit an seinem Dragracer arbeitet und Chief Scrutineer für andere Autorennen ist, telefonierte mit seinem Kumpel, und sagte uns, dass wir erstmal die Nacht über auf dem Werkstatthof bleiben sollen. Da standen wir nun im Industriegebiet, es regnete in Strömen, und wir waren immer noch nicht sicher, ob wir hier jemals wegkommen würden. Eine wirklich unruhige Nacht.

Am nächsten Tag schien aber schon wieder die Sonne. Wir befreiten Iskra vom kaputten Radlager und begutachteten, ob die Achse was abbekommen haben könnte, sah aber okay aus:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_12_2025-09-10_13-02-33.jpg)

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Und irgendwann am frühen Nachmittag kam schon Kjell, diese absolute Legende von Norweger, mit einer kompletten Felge inklusive Radlager und guter Bremstrommel, die er uns für 120 Euro verkaufte. Das Ding war in Windeseile eingebaut. Ole Petter freute sich, dass wir selbst in der Lage waren, die Reparatur zu machen, sonst hätte es in der Belegschaft wohl nur wenig Begeisterung gegeben, an einem alten Schrottauto zu arbeiten, bei dem man nie weiß, welche Hindernisse bei einer "einfachen" Reparatur auftauchen. Wir bedankten uns mit einem halben Kasten Bier aus unserer Vorräten bei der Werkstatt, ohne die wir aufgeschmissen gewesen wären.

Jetzt konnte es richtig losgehen! Fabis Gesichtsausdruck in diesem Foto fängt die Stimmung ganz gut ein:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_17_2025-09-10_13-02-33.jpg)

Und tatsächlich, ab jetzt liefs wie am Schnürchen. Die Sonne schien, und wir fuhren an einen Strand (https://maps.app.goo.gl/KcwuzhovqHKgT9SEA (https://maps.app.goo.gl/KcwuzhovqHKgT9SEA)), und waren plötzlich an der Südsee:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_18_2025-09-10_13-02-33.jpg)

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_19_2025-09-10_13-02-33.jpg)


Was für ein Gefühl! Das Wasser war zwar kalt, machte aber euphorisch, und die Sonne schien einen schnell wieder trocken.

Wir fuhren 50 km weiter und fanden einen wunderschönen Aussichtspunkt (https://maps.app.goo.gl/u6JKy3aS11u9PiUt8), von dem aus wir über den Fjord nach Feda schauen konnten:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_21_2025-09-10_13-02-33.jpg)

Der nächste Tag ging durch Flekkefjord, es gab eine kleine Wanderung zum Trollpiken, und eine weitere schöne Übernachtung am Strand von Refsnes (https://maps.app.goo.gl/M4BD1crB2mqZMhBU9) mit einem weiteren dramatischen Sonnenuntergang:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_25_2025-09-10_13-02-33.jpg)

Der nächste Tag war regnerisch, und wir beschlossen, ein Stückchen weiter zu fahren, und in dem niedlichen Fischerdorf Skanevik unsere Wäsche zu waschen (https://maps.app.goo.gl/fkhbyj1JDSKjUWrP9). Ich hatte festgestellt, dass beim Regen etwas Wasser in die hinteren Ausstellfenster eindrang, also schmierte ich alles großzügig mit Epoxidharz ein, während wir auf die Wäsche warteten.

Am Abend ging es auf den gamle Akrafjordvegen (https://maps.app.goo.gl/okAEdzivqwgZ8UuR7), einer der vielen fast ungenutzten, sich zwischen Berg und Fjord dahinschlängelnden engen Straßen, die durch den Bau eines Tunnels obsolet geworden sind. Hier verbrachten wir Stunden damit, auf den Fjord und die über den Bergen untergehende Sonne und das von ihr herbeigezauberte Farbspiel am Himmel zu starren und zu staunen.

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Der nächste Tag wurde noch nasser als der vorige. Also beschlossen wir, mehr Strecke zu machen und uns Wasserfälle anzuschauen, die bei mehr Regen natürlich mehr Wasser tragen. Nach dem Langfossen kam der Låtefossen. Als wir Odda am Hardangerfjord erreichten wurde der Regen so stark, dass wir die dem Fjord gegenüberliegenden Berge nicht sehen konnten. Dazu kam, dass immer mehr Wasser durch die spröde Dichtung der Windschutzscheibe eindrang. Als wir an einer Autowerkstatt vorbei kamen, bremste ich sofort und fragte nach einer Dichtmasse – hatten sie, und es wurde im strömenden Regen das schlimmste abgedichtet.

Den Influencer-Hotspot Trolltunga ließen wir im Regen rechts liegen und fuhren zum Skjervsfossen (Fabi for scale):

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Dann noch ein Stopp beim Tvindefossen, aber um ehrlich zu sein hatten wir an dem Punkt genug von fallendem Wasser und stoppten nur kurz. Die Nacht verbrachten wir in der Nähe von Aurlandsvangen unter ein paar Bäumen, alles war nass, das Auto von innen feucht und klamm, es war kalt und ich verfluchte, keine Heizung im Auto zu haben. Am nächsten Tag wollten wir eigentlich durch den Laerdalstunnel, mit 25 km längster Verkehrstunnel der Welt, aber wir entschieden uns erst, zum Stegastein hochzufahren. Eine enge Serpentinenstraße forderte von Iskra alles. Im zweiten Gang schlichen wir den Berg hoch, immerhin wärmte uns der Motor ein bisschen auf. Aber es lohnte sich: Da oben schien die Sonne! Und was für eine Aussicht wir hatten!

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_2025-09-10_17-17-17.jpg)


Nochmal runterfahren um eine halbe Stunde durch einen Tunnel zu fahren wollten wir dann doch nicht, und obwohl der gamlen Aurlandsvegen steil und anspruchsvoll sein sollte, entschieden wir uns, den zu nehmen. Es war die richtige Entscheidung. Ich bin mir sicher: So hoch war Iskra noch nie.

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Ganz oben, wo es nur noch Moos, Flechte und Geröll gab, beschlossen wir, eine kleine Wanderung zu machen. Den angepeilten Gletscher erreichten wir zwar nicht, weil dunkle Wolken aufzogen, aber was für ein Erlebnis, in dieser lebensfeindlichen Gegend umherzulaufen.

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Wir fuhren weiter durch Berge und Wolken, durch enge Pässe, und viele Tunnel, wahre Wunder der Ingenieurskunst, zum Teil mit integrierten Kreisverkehren und DISCOBELEUCTHUNG:

Die Landschaft ist wirklich erstaunlich, ich hab so viele Fotos und Videos gemacht die dem ganzen natürlich trotzdem nicht gerecht werden, aber es wurde wirklich nie langweilig.



Wir machten an dem Tag noch ordentlich Strecke, weil es doch noch häufig regnete, und erreichten Abends den abgeschiedenen Bergsee Geilskredvatnet (https://maps.app.goo.gl/GcSmfBg5ox3mTC1o7), wo wir unser Lager aufschlugen.

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_1_2025-09-10_17-45-30.jpg)

Am nächsten Tag ging es einen weiteren Berg hoch, und ich wusste zwar, dass die Trollstiegen interessant sein würden, aber darauf war ich nicht vorbereitet: Neun rasierklingenscharfe Haarnadelkurven, neben der Straße geht es gefühlt hunderte Meter senkrecht runter, zwischendurch fährt man lässig über zwei Wasserfälle. Welche völlig durchgeknallten Ingenieure sich das auch ausgedacht haben, es war ein großer Spaß, und ich war SEHR froh, dass die Bremsen funktionierten, auch wenn wir uns an den Gebrauch der Motorbremse (in dem Fall zum Teil im ersten Gang) mittlerweile ganz gut gewöhnt hatten. Elisa verbot mir leider vehement während der Fahrt zu filmen, ich solle gefälligst auf die Straße gucken beim Fahren, aber man muss fairerweise sagen, dass ihre Höhenangst an dieser Stelle auch wirklich berechtigt war. What a ride!

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_3_2025-09-10_17-51-31.jpg)

Wir hatten uns danach eine gute Mahlzeit verdient, und kehrten in einen Burgerladen ein, in dem ein Burger schlappe 30 Euro kostete. Auch das ist Norwegen. Zur Nacht sollte es ein weiterer Bergsee sein, der einen spektakulären Blick auf den Trolltindene bot:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_2_2025-09-10_17-58-59.jpg)

Wir fanden eine kleine Feuerstelle vor, und machten uns ein gemütliches Lagerfeuer. Zwischendurch kamen ein paar ordentliche Windböen auf, und als es dunkel und irgendwann auch zu windig wurde, löschten wir das Feuer lieber und machten uns bettfertig. Die bizarren Felsformationen der Trollwand schauten so drohend und düster auf uns hinab, dass wir fast das Gefühl hatten, in Mordor zu sein.

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_1_2025-09-10_17-58-59.jpg)

Der Wind wurde immer stärker. Das Auto schaukelte, knarrte und pfiff im Sturm. Die kaum noch vorhandenen Türdichtungen boten wenig Schutz. An Schlaf war nicht zu denken, erst recht nicht für Fabi in seinem Zelt! Um 1 Uhr nachts entschlossen wir uns das Lager abzubrechen und trotz der Stockfinsternis irgendwo ins Tal zu fahren. Nach einer halben Stunde steiler Bergabfahrt hatten wir einen nicht so hübschen, aber immerhin ruhigen Ort zum schlafen gefunden.

Wir hatten erstmal genug von Bergen und fuhren am nächsten Tag nach Kristiansund, der nördlichste Teil unserer Reise. Von Kristiansand nach Kristiansund – wir hatten es geschafft! In der Stadt deckten wir uns mit ein wenig Proviant ein und fuhren wieder gen Süden – auf die berühmte Atlantikstraße! Zuerst ging es aber durch einen fünf Kilometer langen Tunnel mit 10% Steigung. Also wieder: Im zweiten Gang gemächlich runter, irgendwann wieder rauf, und währenddessen auf die Geduld der Norweger hinter uns setzen.

Die Atlantikstraße selbst, eine lange Reihe von zum Teil spektakulären Brücken, war es natürlich wert. Norwegen konnte mit seinem Ölreichtum einiges in seine Infrastruktur stecken, und die Straßen-Ingenieurskunst hier ist wirklich einmalig. Auf dem Video sieht man natürlich kaum was von der Schönheit, aber ein bisschen was von der zauberhaften Atmosphäre kommt vielleicht rüber:

Auf der anschließenden Fährfahrt über den Moldefjord bahnte sich SCHON WIEDER ein spektakulärer Sonnenuntergang an:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_1_2025-09-10_17-51-31.jpg)

Ich wusste, dass unsere nächste Bleibe, endlich am Meer, einen schönen Ausblick haben würde. Die nächsten 30 km fegte ich also nur so über die gewundene Küstenstraße, immer am Rande der Geschwindigkeitsbegrenzung. Endlich erreichten wir das Ziel: Eine Art Ferienlager (https://maps.app.goo.gl/Mqh3JNdDv75gZBQx8), mit großer Hütte zum socializing, Plumpsklo, Feuerstellen und einem Kiesstrand, der uns die beste Aussicht auf diesen fabelhaften Sonnenuntergang bot:

(https://sebastianrave.de/iskra/photo_2025-09-04_21-08-04.jpg)

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_2_2025-09-10_17-51-31.jpg)

Bei solchen Erlebnissen kann man nur himmlisch schlafen. Am nächsten Tag mussten wir allerdings früh raus, wir mussten nämlich noch eine längere Strecke zurücklegen, bei den vielen Bergen, Fähren und Schlängelstraßen kein leichtes Unterfangen. Aber Iskra hielt wacker durch, und verbrachte eine besondere Schnapszahl im wahrscheinlich schönsten Urlaub ihres Lebens:

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_3_2025-09-10_13-57-10.jpg)

Und sie musste noch einmal hart arbeiten: Es ging zum nächsten Nachtlager wieder einen steilen Berg hinauf. An einem Sperrwerk zwischen zwei Seen (https://maps.app.goo.gl/EURX2ZREgcHDE6pC8) waren wir – wie eigentlich die ganze Zeit – komplett allein. Es war mal wieder ein bisschen feucht und wolkig, und nachts wurde es doch sehr frisch. Als wir morgens aufwachten, waren wir mitten in einer Wolke. Alles war vom Tau beschlagen, was ein paar wirklich schöne Fotomotive bot:

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_5_2025-09-10_13-57-10.jpg)

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_7_2025-09-10_13-57-10.jpg)

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_8_2025-09-10_13-57-10.jpg)

Dieses Auto ist schon sexy. Anspringen wollte sie trotzdem erstmal nicht mehr. Nach einigen Versuchen tuckerte aber erst ein wachwerdender Zylinder, dann ein zweiter, und nach und nach schlossen sich auch die anderen vier Zylinder an, und es ging wieder im zweiten Gang die Serpentinen runter. Als wir endlich wieder geradeaus fuhren, schnurrten Iskras sechs Zylinder zufrieden. Die Sonne war wieder draußen, die Feuchtigkeit wich aus dem Auto, und es ging auf die fast letzte Etappe nach Bergen.

Nach vier Stunden hatten wir den Tofteroy-Campingplatz bei Bergen erreicht, den wir uns für 250 Kronen (~25 Euro) gönnten. Endlich mal wieder duschen, richtige Klos benutzen, und uns die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Wir hatten nicht mehr viel vor, und genossen es, den Rest des Tages rumzuhängen, zu lesen und abends noch ein paar Würstchen zu grillen.

Am nächsten Tag war für Bergen leider kaum noch Zeit, aber die alte Fantoft Stabskirche, die von dem bekloppten Varg Vikerness 1992 abgebrannt wurde, musste noch sein. Danach ging es zur Fähre, ich konnte für eine halbe Stunde noch durch die niedlichen Gassen Bergens flanieren, musste dann aber schnell wieder hin, um die Abfahrt nicht zu verpassen.

Die Fährfahrt von Bergen mit Übernachtung ist empfehlenswert, die Aussicht ist toll, das Essen teuer, das Bier im Duty-Free-Shop in der Palette bezahlbar, und man schläft sehr gemütlich beim leichten Schaukeln des Schiffs und dem hypnotischen brummen der Maschinen.

Am nächsten Tag wartete Dänemark, für uns auf einmal das flachste Land der Welt. Hier war ja überhaupt nichts! Und die Straßen gingen schnurgerade in eine Richtung, man musste kaum lenken! So konnten wir easy 300 km am Stück abreißen und abends am Nordseestrand nördlich von Esbjerg chillen.

(https://www.sebastianrave.de/iskra/photo_10_2025-09-10_13-57-10.jpg)

Tja, und am nächsten Tag waren wir auch schon wieder in Deutschland. Erstmal wieder alles an Benzin in den Tank, in Dänemark ist das wirklich unbezahlbar. Dafür ist Dänemark so schön ruhig! Schleswig-Holstein ist zwar auch flach, aber das Land fühlte sich auf einmal wie eine Großstadt an. Die Straßen in schlechtem Zustand, die Schlaglöcher nur übertroffen von den Funklöchern. Und die Leute rasen auf einmal wie bescheuert. 80 km/h ist doch eine gute Geschwindigkeit! Nein, dachte sich wahrscheinlich irgendein BMW-Fahrer, ich muss die rote Schleichkarre jetzt überholen! Wir haben nur noch mitbekommen, wie ein Auto im Gegenverkehr eine heftige Notbremse hinlegen musste und im Straßengraben gelandet ist. Deutschland ey.

Wir sind insgesamt über 3000 km gefahren, haben dabei 850 Euro für Sprit ausgegeben. Im Flachland lag der Verbrauch bei 12,5 Liter, in den Bergen bei etwa 14 Liter. Das ist nicht nichts, aber voll ok. Für Fähren und Maut waren es 930 Euro, wir haben aber auch etwas spät gebucht. Die Fähre von Bergen war ein Luxus für 560 Euro, der sich aber gelohnt hat. Unsere Reisekalkulation war also realistisch.

Die Arbeitsstunden und Ersatzteile für Iskra zählen wir lieber nicht mit. Die Nerven, die es gekostet hat, dieses Auto fit zu machen und zwischendurch mit kaputtem Radlager liegenzubleiben, wurden durch diese schöne Reise wieder mehr als geheilt. Norwegen ist so magisch, dass ich noch ein paar Tage brauche, um mich davon zu erholen.
Titel: Antw:Wunderschöner Norwegen-Roadtrip mit großem Abenteuer-Faktor
Beitrag von: Dreigang am 10. September 2025, 21:46:23
Ein super Reisebericht! Vielen Dank! Ich freue mich für Euch das Ihr nach den anfänglichen Startschwierigkeiten doch noch so einen tollen Urlaub hattet. Da bekomme ich direkt wieder Lust nächstes Jahr doch wieder nach Norwegen zu fahren....
Gruß Lars
Titel: Antw:Wunderschöner Norwegen-Roadtrip mit großem Abenteuer-Faktor
Beitrag von: Altopelandi am 10. September 2025, 21:59:42
Toller Bericht danke dafür. Macht Lust mit dem Blitz wieder auf Tour zu gehen.
Titel: Antw:Wunderschöner Norwegen-Roadtrip mit großem Abenteuer-Faktor
Beitrag von: Elefant 1 am 11. September 2025, 18:50:38
Danke für den tollen Bericht
Wir waren 2013 in Norwegen und werden ganz sicher so bald es geht wieder hinfahren.
Natur pur und meistens kein Mensch weit und breit. Einfach toll ;D
Gruß Arnfried
Titel: Antw:Wunderschöner Norwegen-Roadtrip mit großem Abenteuer-Faktor
Beitrag von: holidayblitz am 12. September 2025, 18:28:29
Danke fürs teilen Eurer Erlebnisse und Bilder! Das macht Lust auf die nächste Blitzreise.
Gruss Wilhelm